Zwei Wochen Urlaub Anfang August? Da ist es doch zu heiß zum Klettern und alles überlaufen! Schlussendlich haben wir die richtigen (höhergelegenen) Destinationen gewählt und sind dank schönem, warmem Wetter unglaublich schöne Mehrseillängentouren geklettert. Und: wir waren immer alleine in unseren Touren!
Do, 28.7.2022
Über Oberalppass, Furkapass und Sion nach Sanetsch. Am Oberalppass gemütliche Kaffeepause. Ab Furkapass zeitweise heftiger Regen und Gewitter.
Fr, 29.7.2022
Wir gehen um 9 los und steigen um 9:30 in die erst SL der Pas perdus ein. Marlies führt. Mit dem neuen Direkteinstieg ergibt es eine 60m Seillänge mit entsprechendem Seilzug. Ich führe dann die erste Länge von Encore toujours. Zwei super schöne Längen! In Anbetracht des Wetterberichts und der aufziehenden Wolken seilen wir zügig ab. Wir beeilen uns beim Abstieg und joggen die letzten Meter zum Auto. Um 11:40 stehen wir unter dem offenen Kofferraumdeckel und schon setzt heftiger und anhaltender Regen ein. Gutes Timing! Es folgt ein gemütlicher Nachmittag.
Sa, 30.7.2022
Wir steigen um ca. 10:30 in die La Vita e bella ein. Erste Länge mit 5c+ sehr hart bewertet, vor dem 2. Haken würde man einen Grounder machen. Die erste 6c geht locker, die 2. 6c sehr knapp. Nach der 5. SL wechseln wir nach links in die Follomi, damit wir nicht hinter einer Seilschaft warten müssen und klettern hier noch die 3 letzten steilen Seillängen. Um 15 Uhr am Ausstieg. Alles sehr schöne Längen und schön rauh – und das nach über 20 bzw. über 30 Jahren. Alles os.
So, 31.7.2022
Vain Cœur, 6b+. Wieder eine sehr schöne Tour. Gut abgesichert mit neuem Material. Erste Länge 6b- Kaltstart und anhaltend. Auch in der 2. Länge 6b+ muss fast jeder Meter verdient werden. Steil, rauh, plattig. Die 3. (6b+) und 4. Länge (6a) sind nicht mehr ganz so anhaltend mit sehr steilen, tollen Moves. Eine eher neuere Remy-Tour in dieser Gegend. 5 Sterne!
Mo, 1.8.2022
Encore Toujours: Hier haben wir ja noch die Rechnung vom Ersten Tag offen. Einstieg wieder über Fantasio und eine Variante die noch nicht in unserem Führer ist. Eigentlich wollten wir ja die Grüne Welle gehen. So kommen wir noch mal zur ersten Länge der Encore (eine sehr schöne, aber hart bewertete 6a+). Die 2. Länge der Encore ist steil und athletisch. Eine sehr schöne 6c, welche gut on sight ging. Dann noch eine 4c, auch sehr schön, und eine ganz kurze 3c zum Abstiegsweg.
Die, 2.8.2022
Rasttag und kurze Radtour zur Barrage und Seilbahnstation. Hier hat es auch einen Sendemasten und mobiles Netz.
Mi, 3.8.2022
Zum Abschluss gehen wir die Victor, ganz links am Montons. Die zwei 6b-Längen gehen gut on sight. In den Platten teilweise etwas längere Abstände, aber inzwischen ist das Gefühl für die steilen Platten wieder da und es geht recht easy. Die 5c-Längen sind meist steil und gutgriffig. Überhänge, Verschneidungen, Pfeiler und Quergänge bringen etwas Abwechslung zu den Platten und Wasserrillen. Einige Standplätze sind noch im Urzustand von 1988 mit handgebohrten Ringhaken. Die Zwischenhaken sind alle neu. Mit etwas Vorsicht und 2 bis 3 kleinen Friends alles super safe. Den letzten Stand habe ich etwas weiter unten gemacht statt auf dem großen Band. Hier hat man 3 Bohrhaken der rechten neueren Nachbarroute und vermeidet Seilzug.
Nach ausgiebigem Essen und Schwimmen bzw. Duschen packen wir alles zusammen und fahren über Chamonix bis kurz vor Albertville, wo wir übernachten.
Do, 4.8.2022
Weiterfahrt durch den Frejus-Tunnel (64,- für Tunnel + 11,- für Autobahnmaut), kurz durch Italien (Bardonnechia), dann wieder nach Frankreich ins Val Clarée. Vor Névache wird es kurz spannend; die Straße ist in der Haupturlaubszeit für den öffentlichen Verkehr gesperrt. Man kann jedoch beim Campingplatz anrufen und bekommt dann einen Code für die Schranke. Das klappt tadellos und wir ergattern auch noch ein schönes Plätzchen am Camping Fontcouverte. Telefonnetz und WiFi gibt es hier nicht. Der Wetterbericht hängt handgeschrieben aus und die Topos haben wir als Buch dabei.
Fr, 5.8.2022
Le Terminus des Prétentieux auf den Pointe des Béraudes 2.800m. Dazu zuerst eine halbe Stunde mit den Fahrrädern bis ans Ende der Straße, dann eine gute Stunde zum Einstieg hinauf. Am Ende durch ein steiles Geröllcouloir etwas mühsam, aber ohne besondere Schwierigkeiten. Um ca. 11 Uhr steigen wir ein. Meist tolle, steile Kletterei und perfekt abgesichert. Dazwischen auch einige etwas rustikale Passagen, die Tour wird wohl nicht sehr oft geklettert, obwohl die einzige an diesem Berg. Die 8- Länge (Topoguide-Bewertung) geht recht gut. Technisch, steil und kleingriffig. Aber irgendwas ist immer da und die Haken sind eng gebohrt. Die mit A0 angegebene Stelle in der letzten SL kann ich auch fast on sight durchsteigen, im Toprope und mit anderer Lösung geht dann die Passage. Um ca. 14 Uhr sind wir oben, bzw. man kommt nicht ganz auf den Pointe aber doch auf so etwas wie einen Vorgipfel. Es fallen ein paar Tropfen und auch etwas Donnergrollen ist hörbar, also machen wir uns gleich ans Abseilen. Dummerweise möchte ich etwas abkürzen und seile auf der falschen Seite ab (Ich hätte auf Marlies hören sollen). Wenigstens habe ich meterweise Prusikschnur dabei, wenn wir schon im hintersten Tal ohne Handyempfang rumturnen. Also mühsam wieder rauf. Auf der richtigen Seite (dort wo wir auch raufgeklettert sind …) geht dann alles wie am Schnürchen und wir sind schnell unten (2x15m mit Einzelstrang und dann noch 2x60m). Es regnet immer wieder ein paar Tropfen doch der große Regenguss kommt erst um 19 Uhr als wir schon längst am Campingplatz und unter Dach sind.
Sa, 6.8.2022
Rasttag. Mit den Fahrrädern nach Névache. Einkaufen, Eis essen, Internet.
So, 7.8.2022
Coup de lune am 4éme Tour de Queyrellin 2936m. Nach 2,5 Stunden Zustieg steigen wir um ca. 10 Uhr ein. Eine wunderschöne Gegend mit Hochtälern und Seen. Sonntag im August und wir sind völlig alleine. Die Tour ist recht anspruchsvoll, in den leichteren Passagen lange Hakenabstände. Dort wo es schwer ist sehr gut abgesichert. 3 kleine Friends mitgenommen und einmal auch einen gelegt. Meist superrauher, kompakter Fels, Platten, Wandkletterei und auch Überhänge. Das Schwierigste ist der Einstieg (angeblich 7). Erst nach mehreren Anläufen kann ich die fixe Schlinge (ca. 3 m über Grund) im ersten Haken festhalten und klinken. Im Toprope vom Boden bis zum ersten Haken geht die Stelle dann gerade. Der Rest der Tour geht dann gut on sight (lt. Topoguide bis 8-). Einen Stern Abzug gibt es für die paar Schrofenmeter und einige sehr unbequeme Standplätze. Wir benötigen ca. 6 h für die 10 Längen (viele davon schwierig und bis 50m lang). Das Abseilen dauert fast 1,5 Stunden. Bei dem rauhen Fels und einigen Schuttpassagen muss man extrem auf Seilverhänger aufpassen und braucht auch etwas Glück. Vor allem in dieser verlassenen Gegend ohne Mobilfunk ist man dann schon froh, wenn man wieder gesund am Boden steht. Das Wetter war den ganzen Tag angenehm bewölkt und kühl. Einige Regentropfen hatten wir schon unterm Klettern. Die ersten Regenschauer kommen jedoch erst bei der Wanderung und der heftige Regen als wir schon am Campingplatz sind.
Mo, 8.8.2022
Rasttag, Einkehr in der Fruiteria, Ausflug zum Wasserfall.
Die, 9.8.2022
Moulins Art am Tête Noir - Première Tour 2917m. Wir starten kurz nach 7 Uhr am Campingplatz. Über die Refuge de Chardonnet und den Col de Roche Noire 2650m zum Einstieg. Um ca. 10 Uhr steigen wir ein. Super schöne Kletterei am megascharfem kompaktem Fels. An den schwierigen Stellen sehr viele Haken. Nach 5 Seillängen ändert sich der Charakter dann etwas. Es wird leichter, teilweise auch mit etwas alpinerem Gelände durchzogen, die Hakenabstände werden weiter und man muss den Weg suchen und finden. Immer noch interessant und keineswegs banal. Die Schlüsselstelle (8-/8) habe ich haarscharf verschenkt. Die schwere Stelle war schon geklettert, dann zu lange rumgetan und keine stabile Position zum Klinken gefunden. Der nächste Griff war auch nicht klar und dann war irgendwann die Spannung weg. Der Rest der Tour ging sauber on sight. Nach 6 Stunden waren wir am Top. Wir wollten über die Ayla abseilen, sind dann aber wohl in die Voie de La grand-mère geraten. Hier sind wir in den Genuss von zwei sehr ausgesetzten freihängenden Abseillängen von ca. 55 und 45 Metern gekommen. Da war wenigstens das Hängenbleiben des Seils sehr unwahrscheinlich (und wäre auch recht unvorteilhaft gewesen). Dafür kämpfe ich in den flacheren Längen immer wieder mit Knoten. Das Seil ist doch schon etwas in die Jahre gekommen, rauh und pelzig geworden und bleibt bei jeder Gelegenheit am Fels und in sich selbst hängen. Die 60m sind zwar ein Sicherheitsgewinn auf den ich nicht verzichten möchte, kosten jedoch immer Zeit wenn sie gerade nicht benötigt werden. Alles in allem kommen wir in ca. 2 Stunden problemlos und sicher am Wandfuß an. Inzwischen ist es 18 Uhr. Wir jausen und trinken noch etwas und machen uns auf den Rückweg mit sattem Gegenanstieg über den Col. Trotz des langen Tages und der Anstrengungen genießen wir immer noch die wunderschöne Gegend und sind noch recht fit. Auf der Terrasse der Chardonnet-Hütte bekommen wir um 20 Uhr noch ein ausgiebiges Menü mit einem riesigen Topf Suppe, Brot, Würstchen, Reis, Tomaten, Salat und Nachspeise (Obwohl es zuerst “trop tard” heißt und noch in der Küche nachgefragt werden muss). So gestärkt ist der restliche Abstieg Formsache. Wir müssen nur noch duschen und ins Bett.
Facts: Die Beschreibung und Bewertung im Topoguide trifft es sehr gut! Achtung beim hellen Ausbruch in SL6: Hier ist der Fels sehr glatt und dafür kommt länger mal kein Haken. Sauber stehen und klettern! Achtung am Ende von SL9: hier muss links über die Rinne und um die Kante geklettert werden. Der letzte Haken links in der Wand ist schlecht zu sehen (gelb in gelb). Der Stand komm gleich links um’s Eck und ist vorher nicht zu sehen. Beim Abseilen aufpassen: Wie im Topoguide erwähnt, wohl besser über die Ayla abseilen, da die Moulinsart vor allem im mittleren Teil sehr strukturiert ist. Bei schlechter Sicht trotzdem wohl besser über die bekannte Tour abseilen und sich die Stände gut merken. Man sieht nicht immer von Haken zu Haken und die Stände sind nicht immer von oben zu sehen.
Man kann natürlich auch vom Col de Buffère zusteigen, muss dann allerdings auf mindestens 3 Stunden wunderschöner Wanderung und Einkehr auf der Chardonet-Hütte verzichten.
Mi, 10.8.2022
Verdienter Rasttag.
Do, 11.8.2022
Pour le plaisier an der Aiguillette de Queyrellin 2600m. Heute etwas Kürzeres (4SL) mit weniger Zu- und Abstieg (je 1.30). Die erste Länge ist 7+ und gleich 40m lang. Wir merken, dass wir nicht mehr sehr spritzig und von Vorgestern wohl noch nicht zu 100% erholt sind. Trotzdem können wir beide die gesamte Tour on Sight klettern. Super toller scharfer Fels, feine Temperaturen, wunderbare Gegend und wie gewohnt alleine in der Tour. Bei diesem Wetter und der kurzen Tour können wir uns Zeit lassen. Auch die Absicherung ist perfekt. Ausnahme ist der Beginn der 2. Seillänge: hier muss der erste Haken in steilem gelben Klötzlefels sehr unangenehm angeklettert werden. Unsere Vermutung ist, dass sich hier evtl. ein Haken mit dem brüchigen Gestein verabschiedet hat. Wenn hier nicht absolut sauber gestiegen wird, wird es gefährlich. Beim Abziehen nach der ersten Abseillänge fällt das Seil in ein paar Zacken und bleibt dort hängen. Der Stand, den wir ausgelassen haben ist wohl nicht umsonst hier. So klettere ich halt die paar Meter noch mal nach oben und das Malheur ist schnell behoben.
Fr, 12.8.2022
Wir brechen unser Camp in Fontcouverte ab und fahren über den Col de l’Échelle ins Vallée Étroite kurz vor der italienischen Grenze. Wieder ein wunderschönes Tal mit Lärchen, Bächen und unzähligen schönen Plätzchen. Leider auch unübersehbare Campingverbots-Tafeln. Wir machen Siesta bei der Paroi des Militaires und am Nachmittag gegen 14 Uhr als keine Sonne mehr in die Wand scheint klettern wir die 6 SL der Tomahawk. Überraschenderweise (weil man mit dem Auto praktisch bis vor die Wand fahren kann) immer noch toller, rauher Fels und auch allerbestens abgesichert. Die 8er-Stelle vergebe ich im Onsight. Mit anderem Lösungsansatz geht es dann. Mit 3 bequemen Abseilmanövern - eines davon fast 60m - stehen wir wieder am Wandfuß und 2 Minuten später beim Auto. Wir respektieren das Camperverbot von 22 bis 6 Uhr und übernachten am Col de l’Échelle. Wie gewohnt waren wir alleine in der Tour. Allerdings tummeln sich am Wandfuß immer Kletterer und Touristen, die meisten ohne Helm. Beim Abseilen gibt es gute Chancen Steine zu lösen. Hier ist also allergrößte Vorsicht geboten.
Sa, 13.8.2022
Klettergarten Paroi de la Grotte bei Plampinet. Wir klettern noch zwei 6a(+) und eine kräftige 6c+, dann kommt die Sonne und wir gehen Bier trinken und Eis essen. Schönes Gebiet auf 1700m, das man durchaus wieder besuchen kann. Ab Mittag in der Sonne und im Hochsommer zu heiß.
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